12.9.2017 - Tag 37 - Windchill


Latitude:
67.02121166
Longitude:
17.07706172
Altitude:
1023.0


Es ist so windig wie am Vorabend und in der Nacht, als wir morgens loslaufen (Bild). Nach angenehmen 5km sind wir an der Vaimokstugan, erfahren bei einem Gespräch mit der Hüttenwirtin, die gerade die Hütte winterfertig macht und morgen abreisen wird, dass der Wetterbericht für die gesamte nächste Woche, vor allem für die nächsten zwei Tage, schlecht ist. Wie auf Kommando fängt es an zu regnen. Das Thermometer an der Hütte zeigt 5°C. Jetzt wird es fies. Wenn der Wind das Wasser in jede Ritze presst, hilft auch die Regenjacke nur begrenzt, irgendwo kommt es immer rein. Der Wind kühlt einen anschließend völlig aus, wenn man erstmal nass ist. Schon nach kurzer Zeit sind wir völlig durchgefroren, laufen auf gefühllosen Füßen, mit von der Kälte krebsroten Gesichtern weiter. Der Wind ist stark genug, dass die Regentropfen auf der Gesichtshaut schmerzen, man kann kaum aufblicken, denn in den Augen hält man den windgepeitschten Regen kaum aus. Der Versuch, im Windschutz hinter einem Stein einen Riegel auszupacken, endet damit, dass wir ihn aufschneiden müssen - die Finger haben keine Kraft mehr, die Verpackung fest genug zu halten, um sie zu zerreißen. Wir wünschen uns wasserdichte Handschuhe, essen, gehen weiter, trauern dem Morgen nach, da war es wenigstens nur windig. Trotz allem volle Aufmerksamkeit: Geröllfelder und rutschige Holzplanken. Wir wollten heute eigentlich bis ins Tarradalen laufen - jetzt haben wir ganz andere Sorgen. Wir wissen, dass auf halber Strecke ins Tarradalen eine Rasthütte steht. Dort wollen wir nun hin, um uns aufzuwärmen und unsere Sachen zu trocknen und vor allem, um aus dem Regen und dem Wind rauszukommen. Solche Hütten können sehr verschieden aussehen. Es gibt schöne, mit guten Schlafplätzen, Ofen und Holzvorrat und weniger schöne ohne Ofen oder ohne Holz, oder mit nur schmalen Bänken. Jeder große Stein sieht jetzt aus wie eine Hütte. Manche Steine haben tatsächlich die Form eines Dachs. Der Enttäuschung darf man keine Chance geben. Weiter! Nicht zu viel nachdenken. Weiter!







Als wir die Hütte tatsächlich erreichen, glauben wir zuerst, dass es sich um eine private Hütte handelt (die sind grundsätzlich verschlossen) und wir doch noch weiter müssen. Groß, ein Ofenrohr guckt aus dem Dach und ein Holzschuppen steht daneben! Wenn jetzt noch Holz da ist... Jackpot! Erstmal rein in die Hütte. Es liegt etwas Holz bereit, fünf oder sechs Stücke. Um einmal aufzuheizen, wird es reichen. An ein Nachsehen im Holzschuppen ist erstmal nicht zu denken, erst müssen wir uns aufwärmen. Jetzt zahlt sich gute Vorbereitung aus. Schon seit dem Blåfjellet tragen wir die "Notfall-Birkenrinde" mit uns rum. Immer griffbereit in der Rucksackaußentasche: Zwei Handvoll trockene Birkenrinde in einer Plastiktüte. Bloß kein Knoten drauf! Auswickeln geht auch grobmotorisch. Damit ist der Ofen schnell an. Dann sofort raus aus den nassen Klamotten, an den Ofen und wärmen. Bis der Ofen richtig an ist, essen wir, was wir in die kalten Finger kriegen. Schokolade, Nüsse, Zucker, Kokosflocken, Rosinen, Lakritz. Der Ofen wird nur langsam warm, aber das schlimmste ist überstanden. Irgendwie hätten wir es auch nur mit Tarp und Schlafsack geschafft, hätten vielleicht sogar noch früher die Entscheidung getroffen, abzubrechen. Aber wir sind so unendlich dankbar für die Hütte, den Ofen und das Holz!







Ein Blick in den Holzschuppen bessert die Laune noch: Üppiger Vorrat. Wir tragen direkt genug für uns und die nächsten drei Besucher rüber und backen Brot, kochen Kaffee, Essen und trinken. Langsam wird es gemütlich :)







Solange es noch hell genug ist, spielen wir eine Runde Backgammon auf dem Tyvek-Spielfeld (es ist zum Glück wasserfest).







Wir hinterlassen alles so vorbereitet, dass der nächste, der durchgefroren hierher kommt, sofort den Ofen anfeuern kann. Im Vorraum liegt noch mehr Holz bereit.






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